Presseresonanzen



Die Männer von der Kita

In Cottbus werden Arbeitslose zu Erziehern ausgebildet - mit großem Erfolg
SANDRA DASSLER
Cottbus-Wenn Alex Ziesch (24) mit seiner Freundin durch die Stadt geht, kann es passieren, dass plötzlich ein Kind auf ihn zu stürmt. Wie kürzlich, als der vierjährige Luis bei seinem Anblick einen Freudenschrei ausstieß und an seinem Hosenbein klebte. Alex Ziesch ist einer von 19 ehemals arbeitslosen Männern, die momentan im Spree-Neiße-Kreis und in Cottbus zu Erziehern ausgebildet werden. Das landesweit einmalige Projekt wurde von der Berlin-Brandenburger Väterinitiative entwickelt. Die EU fördert es - auch, weil Deutschland wegen der verschwindend geringen Zahl von männlichen Erziehern in Kitas und Grundschulen schon in die internationale Kritik geraten ist.

Kinder, vor allem jene, die bei alleinerziehenden Müttern aufwachsen, brauchen aber dringend männliche Identifikationsfiguren, sagt Christian Bethke. Er ist Geschäftsführer des Berliner Instituts für Frühpädagogik, das die künftigen Cottbuser Erzieher theoretisch ausbildet. Jede dritte Woche drückt Alex Ziesch von Montag bis Freitag die Schulbank, in der restlichen Zeit arbeitet er in der Cottbuser Kita "Freundschaft". Eigentlich hat der junge Mann eine Ausbildung zum Textilmaschinenführer absolviert, fand aber nach dem Wehrdienst keinen Job. Er wollte zum Erzieher umschulen, aber das wurde nicht bezahlt. Ein pfiffiger Mitarbeiter der Jobagentur wies ihn auf das im Oktober 2005 gestartete zweijährige Ausbildungsprojekt der Väterinitiative hin.

Das war ein großer Glücksfall für ihn: "Ich freue mich jeden Tag auf meine Kinder", sagt er. Dass Freunde ihn inzwischen "Hortnerin" rufen, störe ihn nicht. Erstaunt sei er nur über die unterschiedliche Bewertung des Erzieherberufs: Seine Kumpel würden sagen: "Da kannst du ja ne ruhige Kugel schieben", während Frauen ihn bewunderten: "Dass du dir diesen Stress als Mann antust..." Sprüche, die eine Situation widerspiegeln, die Christian Bethke als "katastrophal" bezeichnet. Obwohl gerade in den ersten Lebensjahren der Kinder die Weichen für ihre spätere Entwicklung gestellt werden,sei der soziale Status ihrer Erzieher in Deutschland gering. Sie würden auch weitaus schlechter bezahlt als beispielsweise Oberschullehrer. "Die skandinavischen Länder beispielsweise geben nicht mehr Geld für Bildung aus als Deutschland", sagt Bethke: "Aber sie stecken mehr in den so genannten Elementarbereich. In Deutschland aber hat sich die finanzielle und personelle Ausstattung in Kitas und Grundschulen in den vergangenen Jahren eher verschlechtert."

Das Cottbuser Pilotprojekt findet Bethke deshalb hervorragend. Er hofft, dass sich vor allem Berlin bald anschließt. Der Erfolg spreche für sich: Die künftigen Erzieher seien hoch motiviert, die Frauen in den Kitas und Horten froh über die männliche Unterstützung und die Kinder viel ausgeglichener. "Wahrscheinlich geht man als Mann einfach anders mit ihnen um", sagt Alex Ziesch. Das Abklatschen mit "Gib fünf" beispielsweise - so was würden die meisten Frauen einfach nicht machen.

Berliner Tagesspiegel, 06.07.2006

Mann fehlt in der Grundschule

Väter-Initiative bildet in Cottbus Arbeitslose zu Erziehern aus Kinder sind immer noch Frauensache. Zumindest herrscht in Kitas und Grundschulen Männermangel. Die Berlin-Brandenburger Väterinitiative macht dagegen jetzt mobil. In Cottbus und im Spree-Neiße-Kreis werden seit Oktober vergangenen Jahres 19 ehemals arbeitslose Männer zu Erziehern ausgebildet.
LETICIA WITTE
Wer morgens Kinder in die Grundschule oder Kita bringt, überlässt sie meist der Obhut von Lehrerinnen und Erzieherinnen. Männer sind nur selten in diesen Einrichtungen anzutreffen: Gerade einmal 85 arbeiten laut Bildungsministerium in brandenburgischen Kindertagesstätten; in den Grundschulen lehrten im ersten Quartal dieses Jahres 440 Männer. Dagegen gibt es rund 8760 Erzieherinnen und 5533 Grundschullehrerinnen im Land. In Sachsen lehren 430 Männer in Grundschulen. Ihnen gegenüber stehen 9059 Lehrerinnen. Die Zahl der männlichen Erzieher in den sächsischen Kitas wird laut sächsischem Sozial- Ministerium nicht erfasst.

Angesichts des Männermangels hat der brandenburgische Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Günther Fuchs, festgestellt: "Je kleiner die Kinder sind, desto höher liegt der Frauenanteil." Nach der Statistik des Bildungsministeriums arbeiten in Gymnasien 1312 Männer ; insgesamt sind dort 4450 Lehrkräfte beschäftigt. In Sachsens Gymnasien unterrichten 2474 Männer bei einer Gesamtzahl von 8189 Lehrern. Dieses Ungleichgewicht ist Fuchs zufolge auch einem traditionellen Rollenverständnis geschuldet; So werde angenommen, dass für kleine Kinder Frauen zuständig seien. "Ich halte das für falsch." Zudem werde der Dienst in Grundschulen schlechter bezahlt als in weiterführenden Schulen. Nach Angaben des Brandenburgischen Bildungsministeriums liegt die Differenz bei Beamten bei 4200 Euro brutto im Jahr. Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) ermuntere männliche Lehramtsstudenten, später in die Grundschulen zu gehen, sagt sein Sprecher Thomas Hainz. Die Berlin-Brandenburger Väterinitiative packt das Problem konkret an. Seit 1998 entwickelt sie Projekte im Rahmen arbeitsmarktpolitischer Förderung. Seit Oktober 2005 wurden 19 ehemals arbeitslose Männer in Cottbus und dem Spree-Neiße-Kreis zu Kita-Erzieher ausgebildet, berichtet Christa Conrad von der Väterinitiative in Cottbus. Nach ihrem Abschluss dürften die 25- bis 40-jährigen Teilnehmer bis zu zwölf Jahre alte Kinder in Brandenburg betreuen. Die zweijährige Qualifizierungsmaßnahme, die vom Berliner Institut für Frühpädagogik getragen und laut Bildungsministerium mit EU-Mitteln in Höhe von 200000 Euro unterstützt wird, sei einmalig im Land. Conrad räumt ein, Mütter hätten vereinzelt Vorbehalte wegen möglicher sexueller Übergriffe auf ihre Kinder geäußert - ohne dass sich ihre Ängste auch nur in einem Fall bestätigten. Marianne Horstkemper, Erziehungswissenschaftlerin an der Universität Potsdam, betont, lehrende und erziehende Männer besäßen außerhalb der Familie einen hohen Stellenwert für Kinder. Gerade Jungen brauchten männliche Identifikationspersonen.

Häufig sei bei ihnen der Sportlehrer sehr beliebt. Außerdem müsse die gesellschaftliche Realität, in der nun einmal beide Geschlechter vorkommen, auch in Schule und Kita abgebildet werden, erläutert Horstkemper. Der niedrige Männeranteil sei weit gehend ein internationales Phänomen. In Brandenburg gebe es spezielle Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer zur Sozialisation von Jungen, sagt Ministeriumssprecher Hainz. Er glaubt nicht, dass dem Männermangel mit einer Quotierung beizukommen ist: "Das wäre eine zu starre Sichtweise."

Lausitzer Rundschau, 05.07.2006

Männer für die Kita fit gemacht

Cottbus. In den Kitas gibt es viel zu wenig männliche Erzieher. Aus diesem Grund brachte Jürgen Schlicker, Chef des Vereins Väterinitiative, ein Projekt auf den Weg, bei dem junge arbeitslose Männer der Region zu Erziehern ausgebildet werden.
SUSANN WINTER
Weil es in der Gesellschaft nun mal beide Geschlechter gibt, sollten Männer eine größere Rolle bei der Erziehung von Kindern spielen. Dieser Meinung ist nicht nur die Potsdamer Erziehungswissenschaftlerin Marianne Horstkemper. Aber der Alltag sieht so aus: In brandenburgischen Kitas arbeiten nur 85 Erzieher, aber 8760 Erzieherinnen. 19 junge Männer aus Cottbus und dem Spree-Neiße-Kreis wollen dagegen etwas tun. Sie werden seit Oktober zu Erziehern ausgebildet und dürfen nach ihrer zweijährigen Lehrzeit Kinder bis zu zwölf Jahren in Kita und Hort betreuen - ein einmaliges Projekt im Land. 200000 Euro bekommt die Väterinitiative als Träger dafür aus dem Europäischen Sozialfonds. Sie hat sich das Berliner Institut für Frühpädagogik ins Boot Geholt, das die Ausbildung organisiert. Zwei Drittel ihrer Ausbildung verbringen die Männer aber in Kitas, wo sie die in der Theorie angesprochenen Probleme lösen müssen. "Die Kinder sind total begeistert", sagt Christa Conrad (62) von der Väterinitiative. "Sie hängen den Männern am Rockzipfel und sind ganz traurig, wenn sie in der Theorie- Woche nicht in der Kita sind."

Manche Erzieherin und manche Mutter hatte anfangs Bedenken. Die reichten von der Angst um den eigenen Arbeitsplatz bis zu Bedenken wegen sexueller Übergriffe. "Das hat sich aber alles als völlig unbegründet erwiesen. Inzwischen begrüßen die meisten die Mischung", sagt Christa Conrad. Die Männer im Alter zwischen 25 und 40 waren vorher Bäcker, Koch oder Schlosser. Als einzige Voraussetzung mussten sie das Interesse und die richtige Motivation für die Arbeit mit Kindern mitbringen. "Einfach nur aus der Arbeitslosigkeit raus zu wollen, das war uns nicht genug", sagt Christa Conrad.

Lausitz 20 cent Zeitung, 05.07.2006

Männer suchen in Kitas Berufs-Chancen

Orientierungs-Projekt mit positivem Ergebnis

Seit Jahren wird versucht, Mädchen technische und andere "Männerberufe" schmackhaft zu machen - zum Beispiel durch Aktionen wie den "Girls' Day". Jetzt schloss in Cottbus ein einjähriges Projekt, mit der Zielsetzung, vor dem Hintergrund hoher Jugendarbeitslosigkeit ein Orientierungs-Angebot für arbeitslose junge Männer in sozialen Berufsfeldern zu schaffen, in denen überwiegend Frauen tätig sind. 14 junge Männer arbeiteten in zehn Cottbuser Kindereinrichtungen. Alle Beteiligten kommen zu einer positiven Schlussbewertung des Experiments. Das ändert nichts daran, dass es mangels freier Stellen zu keinem einzigen festen Beschäftigungsverhältnis kam.
KLAUS ALSCHNER
Ziel des von dem Verein Berlin-Brandenburger Väterinitiative in Zusammenarbeit mit der Cottbuser Agentur für Arbeit umgesetzten Projekts (die RUNDSCHAU berichtete) war es, herauszufinden, "ob bei Männern überhaupt eine entsprechende Motivation vorhanden ist, in bislang weibliche Domänen hineinzuschnuppern." Nach zwölf Monaten lautet das Fazit von Jürgen Schlicker, dem Vorsitzenden des Vereins Väterinitiative: "Die Ergebnisse und Wirkungen machen Mut, Jungen und junge Männer zu bestärken, soziale Berufe und insbesondere den Erzieherberuf zu ergreifen."

Auslöser für das Projekt war die mangelnde berufliche Perspektive besonders für männliche Jugendliche in Südbrandenburg - der Anteil der Männer an der Jugendarbeitslosigkeit wird auf 61 Prozent beziffert. Teilnehmer waren 14 Arbeitslose zwischen 20 und 25 Jahren aus Cottbus und Umgebung, mehrheitlich mit Abschlüssen in handwerklichen und Bauberufen. Sie wurden während des einjährigen Projekts unter anderem in Grundlagen und Methoden der Sozialarbeit, Sozialisation im Kindes und Jugendalter, verschiedenen pädagogischen Ansätzen und Anforderungen an Kita-Mitarbeiter geschult.

Obwohl es in einigen Einrichtungen anfangs eine gewisse Skepsis gab, wurde die Präsenz beider Geschlechter im Kita-Alltag von den Leiterinnen der Kindertagesstätten als Bereicherung ihrer Arbeit empfunden, heißt es im Abschlussbericht. Die Kinder hätten ausnahmslos positiv reagiert. In der Bilanz heißt es: "Es deuten sich zaghafte Veränderungen des öffentlichen Bewusstseins in Bezug auf die Zuschreibung weiblicher und männlicher Rollen bei der Kinderbetreuung an." Die 14 jungen Männer äußerten zum Abschluss große Anerkennung für den Beruf einer Erzieherin. Der Ergebnisbericht konstatiert: "Für die beteiligten jungen Männer haben sich im Bezug auf ihre persönliche Entwicklung und Situation völlig neue Perspektiven eröffnet. Sie wären ohne das Angebot, an dieser Arbeitsbeschaffungsmaßnahme teilzunehmen, kaum oder gar nicht darauf gekommen, sich in sozialen Berufen zu orientieren oder gar Erzieher zu werden."

Als Problem erwies sich zunächst die Perspektivlosigkeit nach Abschluss des Projekts in Cottbus. Zwar hätten der allgemeine Zuspruch und die Anerkennung die Teilnehmer "bestärkt und aufgewertet". Die meisten fassten den Entschluss, sich für eine Erzieherausbildung am Cottbuser Oberstufenzentrum zu bewerben. Noch zu Beginn des Monats August hatte sich für keinen einzigen die Möglichkeit einer Anschlussbeschäftigung oder Ausbildung ergeben. Bei individuellen Beratungsgesprächen bei der Agentur für Arbeit wurde den jungen Männern gesagt, dass es bereits genug arbeitslose Erzieherinnen gäbe.

Gestern konnte Jürgen Schlicker, Vorsitzender der Väterinitiative, eine erfreulichere Bilanz ziehen: Inzwischen haben vier Teilnehmer an der Fachhochschule Eisenhüttenstadt eine Erzieher-Ausbildung begonnen. Zwei weitere Teilnehmer des Projekts starten eine Ausbildung zum Altenpfleger. Einer hat ein Studium im Sozialbereich aufgenommen. Die Hälfte der 14 Teilnehmer ist somit auf dem Weg in "Frauenberufe". Jürgen Schlicker: "Darüber sind wir froh, und auch ein ganz klein wenig stolz."

Lausitzer Rundschau, 18.08.04

Junge Männer in Kitas bei Kindern und Eltern beliebt

Jugendsonderprogramm von Väterinitiative und Arbeitsamt

Dass Männer in Kindertagesstätten arbeiten ist ungewöhnlich. "In ganz Brandenburg gibt es nur fünf ausgebildete Erzieher", sagt Tristan Malig. Der 23-Jährige ist einer von 14 Erziehungshelfern, die über die Berlin-Brandenburger Väterinitiative Arbeit und Ausbildung in Cottbuser Kindertagesstätten gefunden haben.
VON ULRIKE ELSNER
Seit August 2003 arbeiten Tristan Malig und Christian Zeisig (24) in der Familien-Kita an den Sachsendorfer Wiesen. Beide waren arbeitslos und auf der Suche nach einem beruflichen Neuanfang. Christian Zeisig konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Schweißer arbeiten. Sein Mitstreiter hatte nach Abitur, Wehrdienst und einjähriger Tätigkeit im Medienbereich doch keinen Ausbildungsplatz gefunden.

Vieles hat sich für beide in den vergangenen Monaten geändert. "Da prallen Welten aufeinander", sagt Zeisig. "Als ich noch auf dem Bau war, dachte ich, Kindergärtnerinnen haben nichts auszustehen. Heute weiß ich: "Das ist harte Arbeit."

Drei Wochen Praxis, eine Woche Theorie - diesem Rhythmus sind die 14 jungen Männer unterworfen. Das Niveau der Qualifizierung sei erstklassig, betont Joachim Pflug von der Väterinitiative, der als Sozialpädagogischer Betreuer für das Projekt verantwortlich zeichnet.

In der Kita sind die jungen Männer mittlerweile unentbehrlich geworden. "Am Anfang gab's schon Vorurteile", verrät Malig. Aber das habe sich schnell geändert. Sein Kollege erinnert sich gern an das Gefühl, "als die Eltern zum ersten, Mal auf mich zugekommen sind und um Rat gefragt haben. Da wusste ich: Mensch, hier wirst du gebraucht."

Sarah (5) und Houria (4) schätzen an Christian vor allem, dass man mit ihm "rumalbern" kann. Aber auch beim "Bücherangucken, Kettenbasteln und Häuserbauen" ist er ein prima Partner. Und die Eltern? "Für die Kinder gibt es nur Vorteile", meint Kathrin Karstan. "Christian hat ganz andere Spielideen als die Erzieherinnen, und er kann wunderbar trösten." Besonders Kinder, die ohne Vater aufwachsen müssten, könnten durch die Kita-Männer soziale Erfahrungen sammeln, die ihnen sonst verwehrt blieben. Auch Erzieherin Gudrun Nowka sieht in ihren männlichen Kollegen "eine gute Ergänzung".

Joachim Pflug registriert dringenden Nachholbedarf in Sachen Gleichberechtigung in Deutschland. Schließlich gehe es nicht nur darum, dass Frauen sich typische Männerberufe erschließen. Auch der umgekehrte Weg bedeute Bereicherung für beide Geschlechter. Christian Zeisig: "Wie in Skandinavien oder auch 'in Belgien Frauen mit Männern zusammenarbeiten, dieses gegenseitige Geben und Nehmen, so müsste es auch in Deutschland sein." Für Joachim Pflug gilt der Versuch, junge Männer in Cottbuser Kitas zu bringen, bereits vier Monate vor seinem Abschluss als geglückt. "Wir dachten am Anfang, wenn fünf Teilnehmer nach dem Jahr weitermachen wollen, ist das ein Erfolg. Jetzt wollen alle 14 weitermachen. Das ist doch das beste Lob für die Qualität das Lehrgangs."

Noch ist nicht geklärt, wie es nach dem Jahr weitergehen soll. Doch Christian und Tobias bauen auf ein Versprechen von Bildungsminister Reiche. "Was so gut angefangen hat, muss einfach zu einem guten Ende geführt werden", sagt Tristan Malig.

Lausitzer Rundschau, 30.03.04

Männer für Familie und Erziehung begeistern

Väterinitiative will in Cottbus auch Wege in Frauenberufe eröffnen
RONALD UFER
COTTBUS. Mit Angeboten zur Konfliktberatung und berufliche Neuorientierung will die Berlin-Brandenburger Väterinitiative Männern den Rücken stärken. Der Verein sieht sich dabei weniger als Verbündeter in Streitfällen sondern als Orientierungshelfer bei familiären und beruflichen Problemen. Er eröffnet Männern einen Neuanfang in Erziehungsberufen.

"Kinder brauchen Vater und Mutter, das ist unter Experten unumstritten", meint Ursula Hempel. Die Familiensoziologin gehört zu den Gründern der Initiative, die seit 1996 auch in Cottbus wirkt. In der Praxis sieht die Rolle der Väter oft anders aus. Viele nehmen sich wegen der Arbeit kaum Zeit für Familie und Kinder. "Sich nur über die Arbeit zu definieren, birgt Gefahren. Ist der Job weg, fallen diese Männer in ein tiefes schwarzes Loch, wissen mit sich selbst nichts anzufangen, darunter leidet die Familie", resümiert die Soziologin Erfahrungen.

Der Verein hilft Cottbuser Betroffenen, über ehrenamtliche Arbeit wieder das Gefühl zu erleben, gebraucht zu werden. "Zudem erleben Kinder damit im Alltag Männer als positive Vorbilder, müssen sie nicht im Fernsehen suchen", betont Ursula Hempel. Seit einiger Zeit laufende Bemühungen, Väter und Großväter für Bastelaktionen, Naturerlebnisse und andere Aktivitäten zu gewinnen, werden seit kurzem in einem von der EU-geförderten Vorhaben gebündelt. Als Mikroprojekt mit begrenzten Zuschuss soll es Hilfe zur Selbsthilfe mit einem Schwerpunkt in Sachsendorf leisten.

"Zehn bis 15 Männer lassen sich monatlich am Dienstag und Donnerstag von 14 bis 18 Uhr in der Schopenhauer-Straße 9 beraten oder rufen unter 0355 3800380 an", sagte Joachim Pflug. "Bei neuen Gesetzen oder Urteilen in Familienrecht steigt die Zahl stark an."

Väter suchen Rat in Unterhaltsfragen und Umgangsregelungen, bereiten sich auf Scheidungsprozesse vor. Andere wollen über den Verein und das Familiengericht Regelungen für begleiteten Umgang erreichen, um trotz Scheidung eine Familie zu bleiben. Manchmal stellen die neuen Frauen den Kontakt zum Verein her, wenn sie merken, wie der Partner unter der Trennung von der alten Familie leidet.

Über ein seit einem halben Jahr in Cottbus laufendes Projekt brachte Joachim Pflug Männer als Erziehungshelfer in Kitas unter. "14 zuvor Arbeitslose basteln in kleinen Werkstätten mit den Kindern, spielen mit ihnen, unterstützen die Gruppen." Das Echo sei sehr positiv, Probleme gebe es kaum. "Wenn die Männer wegen der einwöchigen Schulungen fehlen werden sie von den Kindern wie von den Erzieherinnen vermisst", meint der Projektbetreuer. Er hofft, dass einige Teilnehmer nach dem Projekt eine pädagogische Ausbildung starten. "Einige Kita-Leiterinnen haben signalisiert, dass sie die Männer einstellen würden."

Lausitzer Rundschau, 09.02.04

Hintergrund:


Die Berlin-Brandenburger Väterinitiative e. V., seit 1998 auch in Cottbus präsent, widmete sich zu Beginn vorrangig der Vater-Kind-Problematik bei Trennung und Scheidung. Schnell wurde dabei deutlich, dass es auf "das Aufbrechen traditioneller Geschlechterrollen und Einstellungen" ankomme, heißt es in einer Selbstbeschreibung des Vereins. Seit 1999 liegt ein Schwerpunkt zur Umsetzung dieses Anliegens bei den Projekten "Männer in Kinder-Einrichtungen".

Weitere Veröffentlichungen:
Die Berlin-Brandenburger Väterinitiative e.V. bringt in vielfältiger Form ihre Anliegen an die Öffentlichkeit. In erster Linie geht es um die Sensibilisierung für die Eltern-Kind-Thematik bei Trennung und Scheidung sowie um Aufklärung und Information über die Väterproblematik. Dabei stehen sozial-psychologische Probleme von Betroffenen, insbesondere bei der Wahrnehmung der Vaterrolle, im Mittelpunkt. Seit seinem Bestehen hat der Verein dieses über vielfältige Aktivitäten umgesetzt, was seinen Niederschlag in zahlreichen Presseveröffentlichungen und bei der Mitwirkung in Radio- und Fernsehsendungen, besonders im Raum Berlin-Brandenburg gefunden hat.

Exemplarisch seien genannt:
  • Fernsehbeitrag im ORB im Rahmen des Frauenmagazins "Ungeschminkt" im April 1996
  • Fernsehbeitrag im RBB im Rahmen der Sendung "Zipp"am 25.10.2006 zum Thema "Ausbildung als Erzieher"
  • Fernsehbeitrag im RBB ebenfalls im Rahmen der Sendung "Zipp" am 31.07.2007 zum Thema "MAE in Cottbus"
  • Radiobeitrag bei Antenne Brandenburg im November 1997
  • Radiobeitrag im Deutschlandfunk am 22.12.2006 zum Thema "Kindergärtner"
  • Beiträge in einigen Berliner Tageszeitungen wie "Berliner Zeitung", "taz", "Morgenpost", "Tagesspiegel", "ND" sowie besonders 1998/99 in der Cottbuser Tageszeitung "Lausitzer Rundschau". Gerade Letzteres hat entscheidend dazu beigetragen, dass der Verein mit seiner Arbeit in der Region Cottbus und im Spree-Neiße-Kreis bekannt geworden ist.

  • Darüber hinaus sind im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit folgende weitere Aktivitäten für den Verein von Bedeutung:
  • Präsenz bei verschiedenen Veranstaltungen anderer Träger der Jugendhilfe zwecks Vorstellung der Vereinstätigkeit - Teilnahme an Kiezfesten, an Kinder- und Schulfesten (z.B. am Weltkindertag in Berlin), bei Sozialbörsen u.ä. mit einem Info- und/oder Beschäftigungsstand
  • Vorstellung der Arbeitsergebnisse und -erfahrungen auf Fachveranstaltungen, wie z.B. im August 98 bei einer Anhörung der CDU-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses zur Umsetzung der Kindschaftsrechtsreform, bei Arbeitskreis- und Jugendhilfeausschlusssitzungen oder bei der Zusammenarbeit mit anderen freien Trägern und mit Jugendämtern.

  • Durch diese Palette an "Präsenz" des Vereins wird ein breiter Kreis von Familien, Interessierten und Fachpersonen erreicht, um auf die Bedeutung gemeinsamer elterlicher Verantwortung für die Kinder aufmerksam zu machen und vor allem Väter zu motivieren, diese Verantwortung auch wahrzunehmen.



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